L
Veröffentlicht am 26.12.21

Lektorat

Das Lektorat ist die zentrale Anlaufstelle für Übersetzende im Verlag. Dort kann man Entdeckungen und eigene Vorschläge für zu übersetzende Werke anbringen, vom Lektorat erhält man aber auch Anfragen für Gutachten zu Werken, deren Übersetzungsrechte der Verlag von sich aus erwerben will, und mit dem Lektorat steht man im Austausch über Werke von Autorinnen und Autoren, deren deutsche Stimme man bereits ist.

Mit dem Lektorat arbeitet man eng zusammen, und idealerweise handelt es sich um eine vertrauensvolle, partnerschaftliche und gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit. Grundsätzlich empfiehlt es sich, schon im Vorhinein über Besonderheiten des Ausgangstextes zu sprechen, da sich Übersetzende oft vor dem Lektorat damit vertraut gemacht haben (manchmal kennen sie ihn ja überhaupt als Einzige, wenn die Lektorin oder der Lektor die Originalsprache nicht können). Dann kann im Vorfeld der Übersetzungsarbeit über Erwartungen und Fallstricke, sprachliche Besonderheiten, heikle Stellen oder Zusatzaufwand beraten und klar definiert werden, was zu tun ist und wie sich das in der Vergütung und dem Abgabetermin widerspiegelt. Beides handeln Übersetzende mit dem Lektorat aus und stimmen sich mit ihrer Ansprechpartnerin oder ihrem Ansprechpartner auch über den weiteren Arbeitsprozess ab.

Meist kann man sich als Übersetzer oder Übersetzerin während der Arbeit mit der Autorin oder dem Autor des Textes austauschen, den Kontakt stellt das Lektorat her. Manchmal kann das Lektorat auch externe Unterstützung für Spezialrecherchen oder Ähnliches bereitstellen, und wenn man sich um ein Stipendium bewirbt und für den Antrag die Mitwirkung des Verlags erforderlich ist, leistet dies ebenfalls die zuständige Lektorin oder der Lektor.

Übersetzende sind die Urheber des deutschen Textes, und deshalb sollten sie vom Lektorat eine Rückmeldung zu ihrer Arbeit bekommen oder sie einfordern, wenn sie ausbleibt. Wenn sich nach Abgabe des Manuskripts herausstellt, dass die Erwartungen des Lektorats an Erzählhaltung, Tonfall, Stil und Stimme der deutschen Übersetzung stark abweichen von der Textauffassung der Übersetzerin oder des Übersetzers, lässt sich dies am besten im Gespräch klären. Zum Glück kommt es aber nur selten vor, dass eine Übersetzung ganz abgelehnt wird oder der Übersetzer oder die Übersetzerin auf eigenen Wunsch den Namen zurückzieht.

Üblicherweise schickt das Lektorat Korrekturwünsche und Änderungsvorschläge handschriftlich auf einem Ausdruck des Manuskripts oder in Form hervorgehobener Änderungen und Kommentare über die Wordfunktion des eingereichten Dokuments. Fragliche Stellen werden in einem Lektoratsgespräch diskutiert. Auch mit den Korrekturfahnen wird im weiteren Verlauf der Arbeit am Text so verfahren, dass man darüber spricht und die Übersetzerin oder der Übersetzer die Druckfassung zu sehen bekommt und „absegnen“ kann.

Nicht immer kommt man an allen Punkten zu einer gemeinsamen Auffassung vom Text, aber gewiss lesen Lektorinnen und Lektoren ebenso leidenschaftlich und gründlich wie Übersetzende und brennen für Literatur und jedes einzelne bei ihnen verlegte Buch. Zudem verfügen sie über Kenntnisse, Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten, von denen Übersetzer*innen profitieren können, und sie freuen sich, wenn sie ihrerseits von den Übersetzenden lernen.