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Veröffentlicht am 26.12.21

Filmsynchronisation / Rohübersetzung von Dialogbüchern

Von Zoë Beck

Dank der steigenden Zahl der Eigenproduktionen von Streamingdiensten wie Netflix, Amazon Prime etc. gibt es immer mehr Filme und Serien auch aus kleineren Sprachen, die dem deutschsprachigen Markt zugänglich gemacht werden sollen. Manchmal bleibt es bei einer Untertitelung (das wäre ein eigenes Thema), häufig aber wird in Deutschland synchronisiert. Für das Erstellen von Dialogbüchern für eine Synchronfassung wird eine Rohübersetzung des Originals benötigt, die es der Person, die das Dialogbuch schreibt, ermöglicht, den richtigen Ton zu treffen und vor allem auch inhaltlich korrekt zu texten.

Wichtig für die Rohübersetzung ist also, verschiedene Bedeutungsebenen zu erklären, kulturelle Besonderheiten aufzuzeigen, Hinweise darauf zu geben, ob sich die Figuren im Deutschen siezen oder duzen würden etc. Gleichzeitig hilft es natürlich den späteren Dialogautor*innen, wenn die Rohübersetzung möglichst eindeutig ist und bereits Entscheidungen getroffen wurden. Gerade bei Wortspielen, Idiomen, Witzen etc. freut man sich über brauchbare Vorschläge. Es empfiehlt sich im Vorfeld die enge Absprache mit der auftraggebenden Produktion, da es individuell sehr unterschiedlich sein kann, was im Detail erwartet wird – und natürlich ist es auch immer eine Frage des Preises. Rohübersetzungen können großen Spaß machen, aber eben auch sehr aufwendig sein. Und gut bezahlt sind sie leider nicht.

Im Idealfall wird eine Abschrift des Originals für die Rohübersetzung zur Verfügung gestellt. Die so genannte Conti verzeichnet die Namen der Figuren, was gesagt wird, zugehörige Timecodes, aber auch Inserts, die untertitelt werden sollen. In einer sehr glücklichen Welt gibt es bereits sogar seitens der Originalproduktion Hinweise darauf, wie mit bestimmten Begriffen bei der Übersetzung umgegangen werden soll, ob sprechende Namen übersetzt werden müssen oder nicht, wie bestimmte Idiome zu verstehen sind. In der Realität muss man leider schon froh sein, wenn die zugewiesenen Namen der Figuren halbwegs stimmen oder die Dialogliste einigermaßen vollständig ist.

Es fällt daher auch in den Aufgabenbereich der Person, die die Rohübersetzung erstellt, die Conti mit dem Bild zu vergleichen, also genau hinzuhören und hinzuschauen, und nicht einfach nur die Dialogtexte der Conti ins Deutsche zu übertragen. Gespräche, die im Hintergrund stattfinden, also beispielsweise Partygemurmel oder Rufe von Passanten, werden bei Synchronfassungen mit hörbaren deutschen Spitzen versehen, deshalb ist es wichtig zu wissen, ob dort etwas gesagt wird, was wichtig für die Handlung ist bzw. speziell auf die Situation passt. Kurz gesagt: Möglichst alles, was in der Originalsprache zu hören und gegebenenfalls auch zu lesen ist, sollte in der Rohübersetzung berücksichtigt werden. Sehr hilfreich ist es außerdem, bei Namen und Begriffen, die im Original bleiben, Hinweise auf die Aussprache und Betonung mitzuliefern.

Am besten ist es, sich mit den einzelnen Synchronstudios direkt in Verbindung zu setzen und darum zu bitten, in deren Kartei aufgenommen zu werden. Rohübersetzungen werden nicht nur für Dialogbücher benötigt, sondern auch für Dokumentationen, bei denen über die Originalstimmen per Voice Over gesprochen wird. Hier sind die Anforderungen häufig etwas anders, es darf schon bei der Übersetzung knapper zusammengefasst werden, um zu gewährleisten, dass der deutsche Text auf das Original passt. Der Weg, bei Dokus selbst zum (besser bezahlten) Autor oder zur Autorin zu werden, ist übrigens einfacher als beim Dialogbuch.